Amazon sperrt Konten von lästigen Kunden

Für Unternehmen, deren Hauptgeschäft der Handel im Internet ist, sind zu viele Rücksendungen der Rendite-Killer schlechthin. Dabei wissen alle Online-Händler: Dem Problem ist nur schwer beizukommen. Die Kosten für Retoursendungen gehen zu Lasten des Verkäufers: Dutzendweise werden Pakete an Käufer geschickt, die sie nach einmal anprobieren wieder zurückschicken.

Pro Retoursendung fallen durchschnittlich Kosten in Höhe von ca. 20 Euro auf Seiten des Unternehmens an. Der Versandhändler Amazon ist in diesem Zusammenhang einen besonders drastischen Schritt gegangen und hat Kunden mit sogenannter „Kaufbulimie“ die Konten gesperrt.

„Ganz normale“ Einkäufe und Retouren nicht betroffen

Wer über die „haushaltsübliche Anzahl an Retouren“ beim Online-Händler Amazon kommt, der muss damit rechnen, dass sein Konto mit sofortiger Wirkung geschlossen wird. Die Schließung erfolgt meist ohne Vorwarnung. Eine Reaktivierung oder die Eröffnung eines neuen Kundenkontos gestattet Amazon nicht.

In seinen allgemeinen Geschäftsbedingungen weist der Online-Versandhändler darauf hin, dass Maßnahmen wie die Kontoschließung erst nach einer umfassenden Prüfung vorgenommen und wenn das Unternehmen zu dem Ergebnis gekommen ist, dass das Kauf- und Retourverhalten nicht dem eines Verbrauchers entspricht. Amazon betont in diesem Zusammenhang, dass Kunden, die „ganz normal“ einkaufen und Retouren nutzen, von solchen Maßnahmen ausdrücklich nicht betroffen sind.

Am härtesten von den Maßnahmen betroffen sind Besitzer des Amazon-E-Book-Readers Kindle, denn die Bücher für das elektronische Lesegerät sind ausschließlich auf den Seiten des Online-Händlers Amazon erhältlich. Ist der Zugang zum Amazon-Konto gesperrt, können die Kindle-Besitzer auch keine E-Books mehr kaufen. Sie können nur noch auf die bis zur Sperrung erworbenen Inhalten zurückgreifen.

Chancen auf Reaktivierung stehen schlecht

Die Sperrung von Kundenkonten durch das Unternehmen ist zulässig, denn der Verkäufer ist nicht verpflichtet seine Waren an jeden zu verkaufen. Der Grundsatz gilt auch für den Internetriesen Amazon. Allerdings ist die Begründung für die Kontensperrung durch Amazon durchaus angreifbar, denn was bedeutet denn eine „Überschreitung der haushaltsüblichen Anzahl an Retouren“ genau?

Durch diese unbestimmte Formulierung, macht sich das Unternehmen angreifbar, denn hier könnte man einen Verstoß gegen das Widerrufsrecht sehen. Das Widerrufsrecht sieht eine mengenmäßige Bestimmung wie eine „haushaltsübliche Anzahl“ nicht vor. Zudem gibt es in diesem Zusammenhang keine allgemeingültige Definition von „haushaltsübliche Anzahl“. Im Wettbewerbsrecht heißt es lediglich, dass der Verkäufer zurücknehmen muss.

Darüber hinaus könnte auch die Drohung mit einer Schließung des Kontos bei weiteren Rücksendungen ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht sein. Das Wettbewerbsrecht verbietet Verkäufern alle Handlungen, die die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher und anderer Marktteilnehmern durch Druck oder andere Maßnahmen beeinflussen. Außerdem verbietet das Wettbewerbsrecht auch die Missachtung von Vorschriften durch einen Anbieter, die der Regelung des Marktverhaltens dienen. Daher fällt die Sperrung eines Kundenkontos bei der Wahrnehmung von Verbraucherrechten wie das Rückgaberecht bereits in den Bereich des unlauteren Wettbewerbs.

Das Problem dabei ist allerdings, dass sich der Verbraucher in so einem Fall nicht wehren kann, da er kein Wettbewerber des Unternehmens ist. Aber auch die Wettbewerber von Amazon scheuen aufgrund des sehr hohen Streitwerts ein Verfahren gegen den Online-Versandhändler. Im Falle einer Niederlage würden die Kosten für den unterlegenen Wettbewerb sehr schnell gigantisch in die Höhe schießen. Einzig die Verbraucherzentralen haben hier die Möglichkeit entsprechende Verfahren anzustrengen.

Bisher hält sich der Proteststurm gegen das rigide Vorgehen des Versandhändlers Amazon im Internet noch in Grenzen. Viele der gesperrten Amazon-Kunden reagieren neutral bis wohlwollend und nicht wenige zeigen sogar Verständnis für die Praxis. Allerdings mehren sich auf die zweifelnden Stimmen. Es stellt sich nämlich die berechtigte Frage, ob vielleicht zukünftig alle Online-Händler das Rückgaberecht der Kunden beschränken werden, denn auch anderen Online-Versandhändlern vermasseln extrem hohe Retourenquoten die Rendite.